Schon lange vorher haben wir uns auf diversen Internetseiten und Foren damit beschäftigt, wie wir den Weg nach Berlin am besten schaffen. Die Zwickauer Carsharing Fa. FM stellte uns für das Pfingstwochenende das mobile Schnellladegerät von Designwerk zur Verfügung. Vielen Dank nochmals dafür. Somit hatten wir eine Sicherheit im Kofferraum, die uns im Ernstfall die Ladezeit verkürzen kann. Aber dazu später.
Am Freitag nach der Arbeit musste alles erledigt werden: Autowäsche, Fahrzeugbeschriftung und Schnellladegrät abholen und zu Hause die Sachen einpacken.
Wir sind dann mal, für uns untypisch, sehr zeitig schlafen gegangen, denn 00:00 war die Nacht für uns und unseren 9-jährigen vorbei. Wie sich herausstellte eine optimale Zeit zum Losfahren. Der erste Pfingstverkehr war durch und somit eine ruhige und leise Fahrt durch die Nacht bis nach Hermsdorf zum ersten Ladepunkt.
Eigentlich wollten wir jede Schnellladesäule an der A9 besuchen, aber wie sich herausstellte, war das gar nicht nötig. Durch die effiziente Fahrweise hatten wir nur wenige kW verloren und wir luden 01:20 Uhr für 10 min in Hermsdorf. Gefühlte 10 Minuten brauchten wir vorher schon mal um die Säule überhaupt zu finden, da die direkte Zufahrt gesperrt war, und wir nicht gleich den verwinkelten Weg durch die Tankstelle und zwischen geparkten Lastwagen fanden. Dann testeten wir alle möglichen Ladekarten, die wir besitzen um festzustellen, dass es per SMS doch noch am einfachsten ging. Das hat schon mal geklappt und mit wachsender Sicherheit, wir kommen nach Berlin, ging es weiter, leise durch die Nacht.
Wir fuhren wieder unser Tempo zwischen 90 und 100 km/h, nutzten mal den Windschatten eines LKW um die übernächste Lademöglichkeit in Dessau Roßlau anzufahren. 1,5 Stunden später standen wir am Autohaus Ehrl in einem Industrie- und Gewerbegebiet. Auch hier alles still. 03:00 Uhr in der Nacht sollte das wohl auch sein. Wir nutzen die Zeit zum Füße vertreten und etwas auszuruhen. Noch 6 Stunden Zeit bis Berlin- das ist zu schaffen. Wir wollen ja auch pünktlich am Tempelhofer Feld sein.
04:00 Uhr ging es weiter. Den nächsten und letzten Schnelllader in Linthe konnten wir uns sparen. Vor Berlin wollten wir aber noch einmal vollladen. Es dämmerte bereits und wir waren unserem Ziel schon ganz nah. Etwas übernächtigt kamen wir in Ludwigsfelde wieder in einem Industriegebiet an einer RWE-Ladesäule an. Dort luden wir voll, weil wir uns in Berlin nicht um die Reichweite kümmern wollten. Wir haben hier das erste mal unser ausgeliehenes Schnellladegerät genutzt, denn an den 22kW Säulen geht es bei uns im Golf nur einphasig weiter und das hätte gedauert. Wir ließen das Gerät im Kofferraum seine Arbeit erledigen, und dösten unter dem Rauschen und der Wärme, die das Gerät entwickelte, etwas ein. Nach einer Stunde- fertig.
Nun steuerten wir unseren, wohlbedacht ausgesuchten Campingplatz an. Als eingefleischte Camper suchten wir uns diese Übernachtungsmöglichkeit, denn dort gibt es immer eine Steckdose. Vorher noch schön frühstücken, einen großen Pott Kaffee und wir stellten unser Zelt auf. Alles rein, was jetzt nicht von Nutzen ist und dann fuhren wir zum Tempelhofer Feld. Auf der Fahrt da hin, hielten wir immer Ausschau nach anderen Elektrofahrzeugen, aber wir sahen erstmal keine weiteren. Man glaubt gar nicht wie gefühlt lang der Weg von 18 km sein kann, wenn man gespannt das Ziel erwartet.
Von Weiten sahen wir die Flughafen-Anlage und dann das Tor. Der Ordner verwies uns ans nächste. Dann rechts: Und da standen schon sie: Aufgereiht in einer Schlange warteten wir nun auf die Einfahrt in den Hangar. Man unterhielt sich mit verschiedenen Leuten, mit den verschiedensten Automodellen. Viele junge Menschen waren da, die das Angebot nutzten sich über Carsharing ein Auto zu leihen. Ordner mit Airwheel an den Füßen leiteten uns dann zur Einfahrt. Eintrittsbändchen abholen und dann rein in den Hangar. Das war schon was, in diesen geschichtsträchtigen Hallen jetzt mit unserem Auto zu stehen. Langsam wurde die Aufregung spürbar. Wir mussten noch ein ganzes Stück warten, durften dann zu Fuß auf das Gelände und mussten gegen 12:15 Uhr wieder im Hangar sein.
Eine letzte Einweisung folgte von Louis Palmer: „Ihr müsst aus dem Hangar raus, hintereinander mit 10 Meter Abstand mit 35 km/h fahren, nicht auf der Strecke anhalten und zügig wieder im Hangar einparken.“ Hoffentlich haben wir das alle richtig verstanden. Jetzt alle zum Auto und warten, bis wir dran sind. Eine große Anzahl von Nissan Leaf und danach Unmengen von Carsharing Fahrzeugen starteten die Parade, dann lösten sich in geordneter Folge unsere Reihen, in denen wir standen. Es war eigentlich eine Stille in den beiden Hallen, die immer wieder von Hupintervallen unterbrochen wurde. Man hörte kein Anfahren der Fahrzeuge nur das Quietschen über die Metallschwellen im Hangar. Dann ging es los. Von unserer hinteren Halle relativ schnell durch die erste durch, dann raus aufs Rollfeld. Das war einfach nur toll, der Gedanke, dass hier 2 Stunden später die Wagen der Formel-e fahren und daß alle Besucher, die schon da waren, sehen, wie viele Elektrofahrzeuge hier sind. Nach dem Parkour schnell wieder in den Hangar und parken- bloß keinen Rückstau bilden. Unsere Parkposition haben wir erreicht und nun heißt es abwarten: Ist der Weltrekord geglückt?
Um die Wartezeit zu verkürzen kamen wir wieder ins Gespräch mit anderen Elektromobilisten, tauschten Erfahrungen von Reichtweite und Ladeequipment aus, und wir sprachen mit zukünftigen Wave Trophy Teilnehmern. Dann der Aufruf: „Kommt alle in die fordere Halle zur Bühne!“ Louis Palmer stellte fest, dass aus fast allen europäischen Ländern Fahrer zur Parade gekommen sind. Und dann die Bekanntgabe: „Es ist geschafft, 577 Fahrzeuge sind aus dem Hangar raus gefahren und auch wieder rein gefahren.“ Die Freude war groß und wir wussten, das sich auch UNSER Weg hierher gelohnt hat.
Zufrieden und selbstsicher krochen wir dann abends in unser Zelt. Draußen steckte unser Auto an der Campingdose. Früh morgens waren wir recht froh, dass das Wetter so gut mitgespielt hatte. Heute wollten wir noch nach Berlin rein. Wir hatten es unserem Junior versprochen. So nutzten wir die S- und U-Bahn, das geht in Berlin wunderbar. Madame Tussauds, Alexanderplatz, Fernsehturm…
Nachmittags verabschiedeten wir uns von der Hauptstadt und schlichen mit unserem Weltrekord in der Tasche aus Blankenfelde Mahlow. Das machen wir mal wieder, waren die letzten Gedanken am Ortsausgangsschild.
Mit vollem Akku stand für uns fest, dass wir wieder an unserer „gewohnten“ Ladesäule in Dessau Roßlau laden wollten. Dort gelang es uns mit unproblematischer SMS den Akku wieder aufzufüllen.
Wieder auf der A9 Richtung Heimat zeigte uns die App, dass in Schkeuditz und Hermsdorf kein CCS-Laden zur Verfügung steht. Wir steuerten trotzdem Schkeuditz an und die App log nicht. Das CCS-Laden wurde nicht freigegeben. Da waren wir sehr froh, den mobilen Schnelllader mitzuhaben. Wir nutzten die Ladezeit für ein ausgiebiges Picknick und überlegten uns den nächsten Ladehalt.
Bis nach Hause reicht der Strom nicht ganz, also mussten wir noch einmal eine kleine Reserve laden. Somit verließen wir in Weißenfels die Autobahn und steuerten Altenburg an. Dort kamen wir um 22:00 Uhr an und uns „begrüßte“ ein Tesla an der Ladesäule. Der schlummerte allerdings schon. Somit stellten wir uns nebenan und schlossen die Schnellladebox an. Die verrichtete allerdings auf dem menschenleeren Marktplatz sehr geräuschvoll ihre Arbeit und unsere Blicke wanderten immer die Hauswände ab, ob sich jemand gestört fühlt. Wir konnten aber trotzdem dem schönen Glockenspiel „Guten Abend gute Nacht“ der Altenburger Brüderkirche lauschen. Nachdem wir wieder alles verstaut hatten machten wir uns auf zur letzten Etappe nach Hause. Unser Junior kuschelte sich hinten ein und schlief auch schnell ein, so fest, dass wir ihn anderthalb Stunden später in sein Bett tragen mussten. Auch wir waren jetzt ganz schön geschafft und bemerkten ,dass wir genau vor 48 Stunden unsere Tour begannen.
Wir sind sehr zufrieden und glücklich, dass wir dieses Wochenende erleben durften und mit so vielen Gleichgesinnten ein Zeichen gesetzt haben. Wir mussten aber auch feststellen, dass wir nur so gut durchkamen, weil uns ein immens teures Zusatzgerät zur Verfügung gestellt wurde. Ohne dieses hätten wir viel länger Laden müssen, weil es einfach noch zu wenig Schnellladestationen gibt. Der Weg war unser Ziel, eine Vorbereitung auf die bevorstehende Wave Trophy, und ein Erfahrungsaustausch mit anderen Visionären. Vielen Dank an unsere Kinder und Oma, die das alles mittragen und danke auch an Louis Palmer und sein Team, FM Zwickau und unsere Arbeitskollegen, die unsere Dienste tauschen wenn es nicht passt.
Link zu den Fotos: http://www.kizoa.de/slideshow-maker/d21079540k2523658o1/e-weltrekord-parade
Mit sonnigen Grüßen Team Vogtland
Maritta Immler
Das ist aber sehr schön und mitfühlend geschrieben. Vielen dank, dass ich dass so miterleben konnte.